Die Irmgardisstadt SĂĽchteln

Irmgardis kam um das Jahr 1000 auf der Burg Aspel als Tochter des Grafen
von Aspel zur Welt. Als ihre Eltern früh gestorben waren, verteilte sie ihr Erbe großzügig unter Krankenhäusern, Kirchen und Bedürftigeneinrichtungen. Nachdem sie lange als Einsiedlerin in Süchteln gelebt hatte, wo Gott der Jungfrau in der Einsamkeit seinen Willen kundtat, unternahm die Gräfin drei Pilgerreisen nach Rom. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Irmgard in Köln, wo sie Stifte und Klöster unterstützte. Sie starb hochbetagt um 1085. Ihre Gebeine ruhen seitdem, wie die der heiligen drei Könige ( seit 1164 ), im Kölner Dom.

Im Schatten alter Linden, auf jenem HĂĽgel dort,
Da prangt ein trautes Kirchlein, ein gnadenreicher Hort.
Das winkt so freundlich milde, gleich einem hellen Stern
Dem schwerbedrĂĽckten Pilger, dem alle Hoffnung fern.

Wer ist nicht oft gewallet nach jener Bergeshöh';
Wer fĂĽhlte nicht gelindert dort seines Herzens Weh!
Wer hat nicht oft gelauschet am silberhellen Quell,
Wer lag nicht hingeknieet an jener Kreuzesschwell'!

Vor vielen Jahren lebte im schlichten BĂĽĂźerkleid,
In einsam stiller Klause dort eine fromme Maid,
Sankt Irmgard war ihr Name, bekannt der Christenwelt,
Ihr Vater, Graf von ZĂĽtphen, ein streiteslust'ger Held.

Oft wenn noch auf den Fluren der milde Morgen lag
Und kaum der FrĂĽhrotschimmer durch grĂĽne Zweige brach,
Ging sie hinaus, die Keusche, die fromme Grafenmaid,
Des Armen Not zu lindern, des Kranken Herzeleid.

Bald reicht sie dem Entblößten den selbstgesponn'nen Lein,
Bald labet sie den Kranken mit kĂĽhlem Waldbeerwein,
Bald spendet Trostesworte ihr engelreiner Sinn:
So wallt' die Gottesmutter einst unter Menschen hin.

Da hängt sie einst, zu bleichen im frischen Morgenhauch,
Ihr fein gewirktes Linnen auf einen Rosenstrauch,
Schöpft Wasser aus dem Brunnen, der unversiegbar fließt,
Mit dem sie, stets geschäftig, das klare Garn begießt.

Da horch! Die RĂĽden klaffen, das gelle Hifthorn hallt,
Herr Gosewin vom Tale, der pĂĽrschet in dem Wald,
Durchsprengt die Rosenstauden nach frecher Jägerweis',
Verwirrt die zarten Fäden, der schönen Hände Fleiß.

Drauf zu der zĂĽcht'gen Jungfrau der rohe Weidmann spricht:
"Was willst du auf dem Berge? Traun! Das gefällt mir nicht.
Komm mit mir, schöne Dirne, du sollst bei mir dich freu'n,
Taljunker fĂĽhrt noch heute in seine Burg dich ein".

Und wie wenn Abendröte die Wolken überstrahlt
Und ringsum Berg und Auen mit hohem Purpur malt,
So glĂĽht von Scham getroffen der Heil'gen Angesicht;
Sie schaut mit ernsten Blicken den Junker an und spricht:

"Dieweil du mich verhöhnest, du rauher Jägersmann,
Und du mein Garn verwĂĽstet, das ich fĂĽr Arme spann,
Drum sollen sie verschwinden, die stolzen Burgen all',
So weit im Tal ertönet Bergglöckleins reiner Schall!"

Was droben einst gesprochen der jungfräuliche Mund
Vor vielen hundert Jahren, das macht die Sage kund:
Die Burgen sind zerfallen, - das Glöcklein schallet hoch,
Das BrĂĽnnlein flieĂźet helle, das Kirchlein stehet noch!

IRMGARD von SĂĽchteln ( auch Irmingarda, Irmgardis, Irmingardis ), Heilige;
( Nichte von Kaiser Heinrich III. und Nichte von Papst Leo IX. ). Irmgardis Lebensdaten sind nicht genau gesichert; sie wird um das Jahr 1000 als Tochter des wohlhabenden Godizo von Aspel und Heimbach geboren; ihre Mutter ist namentlich nicht bekannt. Von 1013 an ist Irmgard urkundlich als regierende Gräfin von Aspel bezeugt. Nach der Einsiedelei in SĂĽchteln und den anschlieĂźenden drei Pilgerreisen nach Rom, verbringt Irmgard ihre letzten Jahre in Köln und stirbt in dem letzten Viertel des 11.Jahrhunderts. Sie wird im Kölner Dom beigesetzt: 1319 werden Irmgardis Gebeine in den neuen Chor der  Agneskapelle ĂĽberfĂĽhrt. Gedenktag 04.09., Erhebung der Gebeine 10.11. Viel Legendäres rankt sich um Irmgards Person. Da Irmgard eine groĂźe Wohltäterin der Kirche war, wurde öfter versucht, zwischen der Gräfin Irmgard und Irmgard der Jungfrau und Einsiedlerin von SĂĽchteln zu unterscheiden, zum Teil durch Konstruktion verwandtschaftlicher Verhältnisse zwecks einer stärkeren hagiographischen Konturierung von Irmgards Biographie, doch dĂĽrften diese spirituellen Präjudizien historisch kaum haltbar sein. Nach 1040 ĂĽbertrug Irmgard das Stift Rees der Kölner Kirche, wahrscheinlich zur selben Zeit gehen die Burg Aspel und der SĂĽchteler Forst in den Kölnischen Kirchenbesitz ĂĽber; auch Schenkungen an die Abtei St. Pantaleon werden mit Irmgard in Verbindung gebracht. Die Ikonographie versieht Irmgard die Pilgerin vor dem Kreuz mit Stab und blutigem Handschuh als Attributen und reflektiert somit die Schenkung von Märtyrererde vom Grab der heiligen Ursula an den Papst; als Gegengabe erhielt Irmgard das Haupt des heiligen Silvester.

Die Irmgardiskapelle auf dem Heiligenberg in SĂĽchteln

Blick in die Irmgardiskapelle vor der Restaurierung 1964

Volkssage von der heiligen Irmgardis
 

 Ihr alten frommen Sagen aus meiner Väter Zeit,
wie kommt’s, daß ihr verachtet und schier vergessen seid!

Die Welt ist alt geworden, der Kinderglaube schwand,
der unsrer Väter Herzen so warm und offen fand.

 Kein Wunder mag man glauben, weil keine mehr geschehn,
und wenn sie auch geschähen, es würd’ sie keiner sehn,

und würd’ sie keiner preisen in lieblichem Gesang.
So töne, meine Harfe, denn du in schlichtem Klang!

 Zu SĂĽchteln auf dem Berge ein Kirchlein seh ich stehn,
worin gar viele Wunder vor Zeiten sind geschehn.

Vor acht mal hundert Jahren wohnt eine Jungfrau hier,
sie war der Kirch’ auf Erden des Reiches Gottes Zier.

 Irmgardis war ihr Name, am Rheine wohlbekannt,
sie war von Zütphen Gräfin und Kaisern gar verwandt.

Sie wohnt’ hier in ’ner Höhle, sie trank aus einem Bronn,
der nahe bei der Höhle aus einem Felsen ronn.

 Sie nährte sich von Wurzeln, von Beeren, Heidekraut,
sie fastete und betet’, was alle schier erbaut’.

Sie lebte ganz in Armut, kasteiet ihren Leib,
sie war an Leib und Seele ein adeliges Weib.

 Nun wohnte auch in SĂĽchteln ein armer frommer Mann,
der nur mit großer Mühe acht Kinder nähren kann.

Der Mann ging mit der Axte einst in den Tannenwald
und fällte dort die Tannen, daß durch den Wald es schallt’.

 Er dacht im Herz’ der Seinen mit stillem VaterglĂĽck,
da prallte seine Axt jäh vom Tannenbaum zurück.

Sie traf, o welches UnglĂĽck, des guten Mannes Stirn,
und von dem Stamme spritzte des armen Mannes Hirn.

 Der Abend stieg hernieder, es naht die Nacht sich schon,
„Wo bleibet heut der Vater?“, so sprach der ältre Sohn.

„Wo mag er heute bleiben, es wird so bange mir,
denn stets war mit der Dämm’rung der gute Vater hier!“

 â€žKommt, lasset uns ihn suchen, sehn, wo er bleiben mag“,
zu seinen jüngren Brüdern der ältere dies sprach.

Dann gingen sie zum Walde und fanden endlich ihn
in seinem Blute schwimmend, sein Leben war dahin.

 Die heilige Irmgardis, sie hörte das Geschrei,
zu sehn, was vorgefallen, eilt schnelle sie herbei.

Als sie nun hier vernommen die jammervolle Mär,
von Mitleid ward ergriffen die heilge Jungfrau sehr.

 Aus ihren schönen Augen floĂź reich der Tränen Quell,
dann faltet’ sie die Hände und betet’ klar und hell:

„O lieber Gott im Himmel, erhöre mein Gebet,
da du unsre Gebete noch niemals hast verschmäht!

 Gib du, o Allerbarmer, der Frommen Schutz und Hort,
den guten Vater wieder den lieben Kindern dort!“

Als sie dies kaum gesprochen, - o staunt das Wunder an! -,
die schon gebrochnen Augen schlägt auf der tote Mann.

 Dann regen sich die Glieder, der Tote, er erwacht,
er steht da ohne Wunden in Schönheit und in Pracht

und von den bleichen Lippen ertönt es, ach, so bang:
„Wo bin ich, ach, wo bin ich!“, so dumpf wie Grabgesang.

Die Kinder falten die Hände, kurios es ihnen ist,
dann sprechen alle leise sie: Gelobt sei Jesus Christ!

 
 
( Ăśberliefert durch Frau L. Kox aus SĂĽchteln-Dornbusch vor 1910 )

St. Irmgardis-Heiligenbild aus dem 17. Jahrhundert

Heiligenbild aus dem 16. Jahrhundert
( Heilige Jungfrau Irmgardis von Zytphen
Schutzpatronin von SĂĽchteln,
bitte fĂĽr uns und das Vaterland )

Fenster in der Irmgardis-Kapelle
( Heilige Irmgardis - Stadtpatronin von SĂĽchteln - bitte fĂĽr uns
Entstanden in der Not des groĂźen Krieges 1941 )

Eine sehr alte Schrift über Irmgardis, die wohl auch den Mitgliedern der Gesellschaft Jesu bei der Erstellung der Riesenlegende „Acta Sanctorum“
( Bollandisten ) vorlag, erschien 1523 „zu Ehren der ganzen deutschen Nation“ in Köln: „Eyne schone sunderliche Historie van der edeler und hilliger junferen st. Irmgardt, die gewest ist ein grafin van Zutfen in dem Gellerschen lande und van mehren andern steden, welche vorgenannte heylige junferen lichnam hochlichen verhafen ist in st. Bernhardus cohr in dem Doehm zu Collen beneven den heyligen drey Koningen und versocht wirdt van allen pelgromen aus allen christenlanden, zo ehren der ganzen duitschen nation binnen Collen iest gedruckt anno 1523“
( Neudruck J.W. Thelen / Süchteln 1892 ). Über den mutmaßlichen Ursprung dieser Irmgardis-Legende sagte der Jesuit Crombach 1647: „Ich sah einen hundert Jahre alten Druck der deutschen und lateinischen Irmgardis-Legende.
Er war ähnlich einer zweihundert Jahre älteren Handschrift, die ich gelesen hatte.“ Demnach muß bereits um das Jahr 1350 eine Lebensbeschreibung der heiligen Irmgardis vorhanden gewesen sein. Von ihr ist jedoch nichts genaueres bekannt, es sei denn, dass die lateinische Legende „De sancta Irmgarda virgine“, handschriftlich aus dem Ende des 16. Jahrhunderts ( erhalten in den Sammel- bänden des Gelenius im Kölner Stadtarchiv ) eine Abschrift der von Crombach erwähnten Lebensbeschreibung der heiligen Irmgardis ist.

Sarkophag der heiligen Irmgardis von Süchteln im Kölner Dom

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